Eisbaden liegt seit einiger Zeit voll im Trend! Wer es wagt, im tiefsten Winter in eiskaltes Wasser zu steigen, wird als besonders abgehärtet, gesundheitsbewusst und ein bisschen verrückt gefeiert. Doch ist das wirklich für jeden eine gute Idee? Aus Sicht der Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM) gibt es dazu einige Punkte, die zum Nachdenken anregen, und du für dich überprüfen kannst, ob Eisbaden dich und deine Gesundheit stärkt oder du dir damit langfristig Schaden zufügst.
Eisbaden aus Sicht der TCM – ein Trend mit Tücken
5 gute Gründe, warum nicht jeder ins Eiswasser springen sollte:
- Frostige Nierenenergie: In der TCM sind die Nieren das Zentrum der Lebensenergie (Qi) und die Quelle unserer Vitalität. Die Nieren leiden gemäß den Klassikern der chinesischen Heilkunde unter zu langem, regelmäßigem Kälteeinfluss. Extreme Kälte kann diese Energie schwächen – besonders bei Menschen mit ohnehin schwacher Konstitution, Erschöpfung oder chronischer Kälteempfindlichkeit, chronischen Rückenschmerzen, PMS, Neigung zu Inkontinenz oder Erektionsstörungen, u. ä.
- Nicht jeder ist ein Feuermensch: Manche Typen haben von Natur aus viel Yang-Energie (siehe auch das Beispiel weiter unten), sprich Hitze im Körper, und können mit Kälte gut umgehen. Andere – die eher blass, schlank und kälteempfindlich sind – sollten besser zweimal überlegen, ob sie sich freiwillig in ein Eisbad setzen.
- Erkältung ahoi! Ja, Eisbaden kann das Immunsystem stärken – aber nur, wenn das Körper-Qi generell stark genug ist, um den plötzlichen Kälteschock gut zu verarbeiten. Wer ohnehin zu Infekten neigt, oder immer leicht friert (a „Dafroarenes Hendl“ auf gut österreichisch) riskiert eher eine Schnupfennase als Superkräfte, und schwächt sich langfristig mehr, da die pathogene Kälte tief in die Körperstrukturen eindringt und von dort schwer wieder rauszubekommen ist.
- Stress für Herz und Kreislauf: Plötzliches Eintauchen in eiskaltes Wasser ist eine krasse Herausforderung fürs Herz. Menschen mit schwachem Herz-Qi, niedrigem Blutdruck oder Herz-Kreislauf-Problemen sollten das lieber bleiben lassen (oder zumindest vorher mit einem Arzt sprechen).
- Yang ist nicht gleich automatisch Gesundheit: Vieles, was Eisbaden bewirken soll – mehr Energie, bessere Durchblutung, mentale Stärkung – lässt sich auch mit sanfteren wärmeren Methoden erreichen. Heiße Ingwertees, saisonal angepasste wärmende Ernährung, angepasste Bewegung in der frischen Luft und gezielte Akupressur durch z. B. Ki Shen Do Shiatsu oder Do-In-Übungen, stärken das Qi sanfter, ohne den Körper zu stressen.
Eisbaden – Wie viel ist zu viel? Die Sache mit dem Zeitmaß
Die TCM betont, dass Kälte erst dann problematisch wird, wenn sie zu intensiv oder zu lange auf den Körper einwirkt. Ein kurzer Kältereiz kann das Wei-Qi (die Abwehrkraft, Bezeichnung aus der TCM und wesentlich mit dem Lungenmeridian verbunden) und das Nieren-Yang sogar stärken. Aber wer sich regelmäßig und exzessiv ins Eis stürzt, riskiert langfristige Kältepathologien. In der Mitte des unteren Rückens befindet sich z. B. der wichtige Punkt Ming Men, das Tor zum Leben (Ming men; Ming men hua = Nieren Yang; Lebensfeuer, in der Akupunktur LG 4). Wird dieser Bereich regelmäig massiv gekühlt, verringerst du dein Lebensfeuer. Ein einfacher Test für das richtige Zeitmaß: Wenn sich Füße, Gesäß und Nasenspitze nach dem Eisbad nicht rasch von selbst wieder erwärmen, war die Kälteeinwirkung vermutlich zu lang.
Frauen, die beispielsweise unter PMS leiden, und die regelmäßig dem Eisbaden fröhnen, dürfen sich nicht wundern, wenn sich diese Probleme im Frühling massiv verstärken: Sie haben ihren Unterleib buchstäblich in einen energetischen Eisklotz verwandelt, und diese Kältestagnation kann zu großen Schmerzen im Urogenitalbereich und dem unteren Rücken (= Bereich des Unteren Erwärmers) führen, somit das Abfließen von Blut stark blockieren. Da hilft dann nur noch massive Wärmezufuhr durch entsprechende Tees, Suppen und warmes yang-haltiges Essen, Moxa / Moxibustion und Shiatsu, um die Stagnation wieder aufzulösen.
Nicht jeder ist Wim Hof – und das ist okay
Eisbad-Ikone Wim Hof demonstriert, was mit speziellen Atemtechniken und mentalem Training möglich ist. Seine Methode basiert auf der tibetischen Tummo-Praxis, die das innere Feuer aktiviert. Wenn du dir Wim Hof genauer anschaust, dann merkst du sofort, welch starker Yang-Typ er ist. Und dazu kommt noch der Einsatz der zuvor erwähnten Techniken. Hier drei von 26 Weltrekorden, die Wim Hof aufgestellt hat:
- Wim hat die längste je gemessene Zeit in Eiswasser ausgeharrt: unglaubliche 1 Stunde und 52 Minuten!
- Er ist (natürlich nur mit Shorts und Schuhen und ohne Atemmaske) Richtung Mount Everest-Gipfel losgestapft. Bei 7400 Höhenmetern musste er aufgrund einer Fußverletzung umkehren.
- Er ist eine 66 m Strecke unter meterdickem Eis getaucht.
Doch nicht jeder Mensch ist ein starker Yang-Typ, der sich in der Kälte pudelwohl fühlt. Wer von Natur aus weniger Yang besitzt, sollte lieber auf sanftere Methoden setzen, um sein System zu stärken.
Obwohl ich mich selbst dem starken Yang-Typus zuordne, der nicht leicht friert, habe mich bisher nicht diesen Extremen à la Eisbaden im Winter ausgesetzt, und habe es auch nicht vor – zumindest niemals regelmäßig. Als Mann 50+ möchte ich mit meiner Yang-Energie gut haushalten und sie lieber für andere Zwecke einsetzen 😉 Aber: An kälteren Tagen mit kurzer Hose laufen gehen, bei Minusgraden ohne Handschuhe und Haube unterwegs sein, oder nach der Sauna für kurze Zeit ins Kältebecken, sind für mich wohltuende Situationen, die stark belebend wirken und mein Wei-Qi ebenfalls stärken. Von Frühling bis in den Herbst schwimme ich sehr gerne in kalten Naturgewässern. Am liebsten fröhne ich aber seit eh und je täglich am Morgen der guten alten Kneip-Dusche 😉
Eisbaden – Fazit: Mutig oder nur kalt erwischt?

Eisbaden kann für manche Menschen belebend sein, die Abwehrkraft stärken und Infektionskrankheiten verhindern helfen, doch aus TCM-Sicht ist es nicht für jeden die Allzweckwaffe für Gesundheit. Wie zuvor schon erwähnt, kann sich tief eingedrungene Kälte für längere Zeit im Organismus festsetzen. Das muss nicht unbedingt gleich zu spüren sein. Oft kommt es zu unliebsamen Reaktionen erst Wochen, Monate oder gar Jahre später. Denn selbst die oben erwähnten Atemtechniken, welche dir kurzzeitig helfen, mit der Situation des Kälteschocks beim Eisbaden umzugehen, können auf Dauer bei Exzessen nicht verhindern, dass du dein Nieren-Yang und somit die Wurzel deines Lebens-Qi nachhaltig schwächst.
Wer sich dabei eisig und ausgelaugt fühlt, sollte sich lieber mit warmen Methoden verwöhnen – und das Eis lieber ins Teeglas statt in die Badewanne geben. 😉 und nicht auf Teufel komm raus jedem Trend, der gerade populär ist, folgen, auch wenn er dir schadet. Das solltest du für dich persönlich herausfinden. Körper und Geist zu fordern und zu trainieren ist gut. Spüre aber gut in dich rein, und finde heraus, was zu dir passt.
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